Wartungsanleitung Leicina 8SV

Wartungsanleitung Leicina 8SV

Die Leicina 8SV ist eine sehr schöne, besondere Doppel-8 Kamera. Nicht nur ist sie elektrisch motorisiert, sie ist auch noch extrem robust, hat eine sehr gute Angenieux-Optik und ist meist sehr preiswert zu haben. Auch ihre inneren Werte überzeugen: Ein zuverlässiger Belichtungsmesser der zeitgemäß bis 400 ASA messen kann, und eine geniale, präzise und solide Leica-Mechanik. So kommt die ganze Kamera mit nur vier Zahnrädern und einem Schneckenrad aus. Allerdings sind diese Kameras jetzt fast alle um die 60 Jahre alt und bedürfen daher dringend einer Wartung, um zuverlässig und leise zu laufen.

Die Wartung ist nicht sonderlich schwer, aber zeitaufwändig, denn es ist gründliches Arbeiten nötig. Gutes, präzises Werkzeug ist dringend zu empfehlen, da die Schlitzschrauben eher weich sind. Ein Mikroskop erleichtert das Arbeiten ungemein, vor allem, wenn die Sehkraft nicht mehr ganz so gut ist wie einst mit 18 Jahren…

Ob sich das lohnt? Hör selbst: Die selbe Kamera, einmal vor und einmal nach der Pflege:

Noch Fragen?

Also, los gehts!

Meine Leicina 8SV ist umgebaut auf Doppel Super 8, das macht in der Wartung aber keinerlei Unterschied.
Zunächst werden die Deckel entfernt, der filmseitige nach hinten und der batterieseitige nach oben.
Zum Entfernen der „Motorhaube“ muss nur eine Schraube gelöst werden…
…dann lässt sich das Blech nach hinten links vorsichtig abnehmen.
Nun entfernen wir die zwei Schlitzschrauben, die den Kamerakopf halten. Bei neueren Modellen (mit 18 statt 16 fps) befindet sich die zweite Schlitzschraube nicht auf der Motorseite, sondern auf der Filmkammerseite unten.
Der Kamerakopf ist nun nur noch mit einer Sechskantschraube gesichert, die wir mit dem 50er Schlüssel vorsichtig lösen und entfernen. Die Kamera sollte dabei auf dem Bauch stehen, damit der Kopf nicht runterfällt.
Nun lässt sich der Kamerakopf zunächst oben nach vorne abklappen.
Unten ziehen wir die Kontakte vorsichtig aus ihren Buchsen, ohne sie zu verbiegen. Vorsicht mit dem Spiegel im Kamerakopf: Er steht über! Den Kopf daher am besten sicher (und geschützt) zur Seite stellen. Hier sind nur ggf. die Kontaktbuchsen zu reinigen, dazu habe ich einen separaten Artikel auf dieser Seite.
Nun lösen wir zuerst die linke Schlitzschraube des gezeigten Blocks. Achtung: Diese beiden Schrauben sitzen oft verdammt fest, bitte exakt passenden Schraubenzieher verwenden und gefühlvoll vorgehen. (Das gelbe Kabel ist ein nachgerüsteter Biltzkontakt, bitte ignorieren)
Nach der linken Schraube lösen wir auch die rechte, die das Abdeckblech hält.
Dieses entnehmen wir nun und legen es zur Seite.
Von der Stirnseite aus lässt sich nun das Lagerblech der Umlaufblende entfernen, hierzu sind drei Schrauben zu lösen. Dank der Passerstifte ist die Position vorgegeben und die Hauptwelle muss später nicht neu justiert werden.
Das Lagerblech wird zur Seite gelegt.
Zuletzt entfernen wir auf dieser Seite noch das Abdeckblech für den Greiferschlitz. Die Schraube hinterlässt eine Markierung im Blech, so dass man es beim Zusammenbau einfach wieder korrekt positionieren kann.
Nun muss dieser Block gelöst werden, damit wir die Antriebswelle entnehmen können. Er sitzt nur noch auf zwei (sehr exakt passenden) Passerstiften. Am besten lässt er sich vorcihtig hochruckeln, wenn man mit einem 3 mm Schraubenzieherschaft abwechselnd in den Löchern ruckelt.
Sobald man mit der Sonde dazwischen kommt, lässt der Block sich nach oben entnehmen.
Jetzt lässt sich die ganze Welle mit Verschluss und Greifer nach vorne vorsichtig ausfädeln. Geduld und Rangieren sind besser als Gewalt, wir wollen hier nichts verbiegen!
Die Einheit legen wir erstmal zur Seite, denn wir beginnen die Wartung im Inneren.
Das Lager des Wickeldorns ist mit Sicherheit verharzt und die Rutschkupplung zu leichtgängig, was zu Filmstau führt. Um die Dornhülse zu entfernen, sichern wir die Kappe mit dem Daumen, damit die darunter liegende Feder sie nicht wegschleudert. Derartig fixiert lösen wir die zwei gegenüberliegende Madenschrauben mit einem 1,4 mm Schlitzschraubenzieher. Es reicht, die Schrauben bis zur Bündigkeit mit der Achse zu lösen, so verlieren wir sie nicht. Achtung, den Daumen danach sehr vorsichtig anheben!
Es kommen uns fünf Teile in dieser Reihenfolge entgegen: Unten eine Gleitscheibe, dann die Feder, gefolgt von der Hülse. Auf dieser sitzt dann noch eine Gleitscheibe, die von dem Ring rechts gesichert wird. All diese Teile sollte man gründlich mit Teilereiniger entfetten.
Geschmiert werden sollte nur das Lager: Hierzu einen Tropfen Nyoil ganz unten an das Lager geben, das ihn begierig aufsaugen wird. Sollte weiterhin Verharzung bestehen, das Lager fluten und danach erneut ölen.
Besonders das innere Lager der Hauptwelle war bei mir sehr verdreckt, wie man hier am Wattestäbchen sehen kann. Es war nicht das einzige…
Mit etwas aufgedrehter Küchenrolle und Teilereiniger kommt man gut in das Lager, um den Schlamm zu entfernen.
Hier sieht man das Zahnrad des Wickeldorns unterm Mikroskop. Die Verschmutzung ist viel stärker als zunächst gedacht. Mit einem Zahnstocher lassen sich stark verhärtete Bahnen aus altem Schmierstoff und Metallabrieb beiseite schieben. Das erfordert Geduld, aber es lohnt sich sehr!
Hier das gleiche Zahnrad nach erfolgreicher Reinigung. Wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass die Zähne unter der Verdreckung und dem Abrieb schon gelitten haben. Nach 60 Jahren kein Wunder…
Als nächstes ist das Zahnrad zwischen Motor und Spulendornantrieb dran. Auch hier lassen sich harte Stangen aus Abrieb seitlich aus den Zahnzwischenräumen schieben. Auch hier bitte gründlich vorgehen, ggf. mehrmals wiederholen. Bei mir hatte dieses Zahnrad auch an der Stirnseite zum Motor hin dicke Dreckplacken, die ich mit einem Spudger regelrecht runterscheren musste.
Ohne Foto: Nach erfolgreicher Reinigung bitte beidseitig mit Nyoil und einer feinen Kanüle neu ölen: links hinter der Schraube und rechts zwischen Zahnrad und Motorhalterung kommt man an das Lager.
Den Zahnstocher immer wieder in einem mit Teilereiniger getränkten Küchentuch abwischen und ab und zu wechseln. Geduld hilft hier…
Zuletzt ist auch noch das Motorzahnrad genauso zu reinigen. Hier sieht man den Zustand nach der Reinigung, noch trocken, also ungeschmiert. Deutlich ist zu erkennen, was der Abrieb hier schon angerichtet hat.
Ein kleiner Abstecher: An das Bildfenster und den Greiferschlitz kommt man bei der Leicina nicht so richtig gut ran. Jetzt ist eine gute Gelegenheit dazu. Dazu muss ein Sicherungsring entfernt werden. Vorsicht, dass er nicht wegspringt! Eigentlich gehört unter den Sicherungsring noch eine Unterlegscheibe, die fehlt bei dieser Kamera wohl. Nun lassen sich die Bildfensterkanten sehr gut und gründlich reinigen.
Jetzt ist die Hauptwelle mit der Reinigung dran. Auch auf deren Schneckenrad sitzt der der Dreck tief und sehr hart.
So sollte es nach der Reinigung aussehen.
Auch das (letzte) Zahnrad auf der Welle hat wieder diesen getrockneten Ölschlamm. Runter damit!
Achtung: Die Steuerscheibe des Greifers scheint aus einem weichen Material zu sein, hier nur besonders behutsam reinigen.
Das war’s! Ab hetzt wird zusammengebaut. Hier bringe ich Robbe Teflonfett in das Wellenlager ein, damit habe ich nur beste Erfahrungen gemacht. Teuer, aber so gut!
Auch die trockenen Zahnräder bekommen etwas von dem Teflonfett.
So sieht es dann schön verteilt aus. (Rechts ist der nachgerüstete Schalter des Blitzkontaktes zu sehen, der ist da also normalerweise nicht)
Nun fädeln wir die Welle vorsichtig wieder ein. Vorsicht, dass der Greifer dabei nicht verbiegt und in seinem Schlitz landet. (Hier der nachgerüstete Super 8 Greifer, daher sieht er so lädiert aus)
Zum Treffen der Passerstifte des Greiferblocks hilft es, wieder einen 3 mm Schraubenzieher als „Führung“ zu benutzen. Sitzt er, sollte man ihn fest andrücken, aber noch nicht festschrauben.
Die Welle lässt sich ncoh nicht drehen, da sie noch nicht beidseitig gelagert ist. Dazu bringen wir erst das Greiferschlitz-Schutzblech wieder genau so an wie zuvor.
Nun setzen wir das (natürlich ebenfalls gründlich gereinigte und geschmierte) Lagerblech wieder auf und verschrauben es. Auf die Passerstifte achten und diese nicht verbiegen!
Lässt sich das Motorzahnrad jetzt leicht drehen (dazu den Auslösemechanismus betätigen, um die Wellenbremse auszuschwenken), sitzt alles richtig. Jetzt fetten wir die Steuerscheiben des Greifers gründlich. Hierbei auch an die äußere Schleifbahn denken, die den Greifer in den Film eintauchen lässt.
Nun schrauben wir den Greiferblock wieder fest. Diese Schrauben sollte man sehr gut anziehen, aber natürlich nicht überdrehen! Lieber etwas Sicherungslack verwenden.
Hier noch mal der frisch gefettete Greifer vorm ersten Betrieb.
Setzt man jetzt vorsichtig die Kontakte des Kamerakopfes an, kann man den Motor testweise laufen lassen und ggf noch Fett verteilen bzw. überschüssiges entfernen.
Als letztes setzen wir das Schutzblech noch wieder an und befestigen den Block mit der zweiten Schraube.

Das war’s!

Vorm Zusammenbau sollte man noch die Kontakte des Kamerakopfes gründlich reinigen, hierzu siehe meine andere Anleitung auf dieser Seite. Jetzt kann wieder gefilmt werden, und zwar so leise und laufstabil wie seit 60 Jahren nicht! Als Beispiel hier noch mal das Soundbeispiel, wie meine Leicina vor und nach der Reinigung klingt, jeweils im 24er Gang:

Friedemann Wachsmuth

Schmalfilmer, Dunkelkammerad, Selbermacher, Zerleger, Reparierer und guter Freund des Assistenten Zufalls. Nimmt sich immer viel zu viele Projekte vor.

4 Kommentare

Paul J.P. Boers Veröffentlicht am21:38 - 19. Dezember 2023

Hallo Friedemann, danke für das ausführliche Artikel ! Ich habe ein Problem mit den Belichtungsmesser meiner „neuer“ Leicina 8S. Die reagiert nicht, ebenso nicht mit Proben mit mehere Knopf Batterien. Die Kontakte sind sauber. Wo und wie im Kamera kann ich messen wo das Problem steckt? Dank im voraus ! MfrGrüssen, Paul.

Paul J.P. Boers Veröffentlicht am12:11 - 20. Dezember 2023

Hallo Friedemann, danke für das ausführliche Artikel ! Ich habe ein Problem mit den Belichtungsmesser meiner „neuer“ Leicina 8S. Die reagiert nicht, ebenso nicht mit Proben mit mehrere Knopf Batterien. Die Kontakte sind sauber. Wo und wie im Kamera kann ich messen wo das Problem steckt? Danke im voraus ! MfrGrüssen, Paul.

    Friedemann Wachsmuth Veröffentlicht am16:51 - 21. Dezember 2023

    Vermutlich liegt das Problem an korrodierten Kontakten zwischen Kamerakopf und Gehäuse, wie man auch auf den Fotos sehen kann.

      Paul J.P. Boers Veröffentlicht am20:23 - 21. Dezember 2023

      Danke sehr, ich werde das kontrollieren !

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