Haben Sie keine Angst vor Super8 – Analog Resistance Festival 2024

Haben Sie keine Angst vor Super8                     – Analog Resistance Festival 2024

Das erste Analog Resistance Festival in Yverdon-Les Bains fand 2018 statt. In dem kleinen Städtchen in der französischen Schweiz hatte Jahrzehnte lang auch der berühmte Kamerafabrikant Bolex seinen Firmensitz. 2018 wurde vom Veranstalter noch eine Firmenbesichtigung für die am Festival teilnehmenden Filmemacher organisiert. Mittlerweile ist die Fa. Bolex leider Geschichte.

Der letzte und mittlerweile ehemalige Firmensitz der Fa. Bolex im April 2024

Das Analog Resistance Festival aber erfuhr am 12. und 13. April 2024 – nach 6 Jahren Pause- eine sehr gelungene Neuauflage ! Ich durfte erneut mit einem Wettbewerbsfilm zu Gast sein.

Das Festival fand wie beim erstenmal in den zum Theater umgebauten Gewölben des mittelalterlichen, direkt im Stadtzentrum gelegenen Schlosses von Yverdon-Les-Bains statt.

Den Auftakt am Freitagabend machte eine Auswahl von drei Filmen die ursprünglich für das letztjährige Super8-Filmfestival in Neuchatel -der Nachbarstadt von Yverdon- gedreht wurden. Das Festival von Neuchatel zeigt nur Super8-Filme, die mit einer einzigen Filmkassette gedreht und deren Einstellungen bei der Aufnahme in der Kamera „geschnitten“ werden. Umso erstaunlicher war die filmerisch-gestalterische Qualität dieser Filme. Alle drei Filme wurden im original Super8-Format mit einem Beaulieu 708 projieziert.

Hauptprogrammpunkt des ersten Abends war eine „Impro Projo“ – Der Initiator des Festivals, Fred „Grandmarquis“ Girardet zeigte -ebenfalls als original Super8-Projektion- found footage-Material aus seiner umfangreichen Sammlung, welches von zwei Comedians mit improvisierten Dialogen und Erläuterungen unterhaltsam begleitet wurde. Französisch-Kenntnisse wären für mich bei dieser Veranstaltung von Vorteil gewesen ….

In der „Lounge“ verrichtete in den Pausen ein Kassetten-Projektor mit Endlos-Filmschleifen seinen Dienst (Filmformat: Normal8).

Am Samstagnachmittag gab es unter dem Motto „Tutti Frutti“ Super8-Filme für Kinder zu sehen.

Der Festival-Höhepunkt am Samstagabend war der Internationale Super8-Wettbewerb. Immerhin 16 Filme waren im Wettbewerb vertreten. Neben einer leichten Überzahl an Filmen aus der Schweiz und/oder Neuchatel konnte der Wettbewerb in der Tat als „International“ bezeichnet werden. Die Vorauswahl der Filme war sehr gelungen. Sie spiegelte die thematische und gestalterische Vielfalt des Mediums wieder. Insbesondere aber legte die Vorauswahl Wert auf unabhängige, non-professionelle und nicht-kommerzielle Filme – schon immer ureigene Eigenschaften der Super8-Filmschaffens, wenn es über den bloßen Privatfilm hinausgeht.

Im Gegensatz zum Vorabend wurden alle Filme des Wettbewerbs digital projieziert, obwohl von einigen Wettbewerbsfilmen auch vorführfähige Super8-Originale oder -Kopien existieren. Aufgrund des helleren Beamer-Bildes gegenüber einer Super8-Projektion war es aber vielleicht die richtige Entscheidung hier auf diese einheitliche Art der Vorführung zu setzen.

Viele Filmemacher waren anwesend und sowohl backstage, on stage und afterstage gab es inspirierende Gespräche zwischen Filmerkollegen und mit interessierten Zuschauern.

Die Preisträger wurden vom Publikum gewählt. Den ersten Preis gewann der Film PRIPIAT von Stéphane Ryter.

Die Preisverleihung fand in entspannter Atmosphäre in der „Screening Lounge“ statt, in der im Anschluß der Abend fließend überging in eine audio-visuelle Analog-Performance mit Super8-Film und Musik von Schallplatte.

Aufbau für die Mehrfach-Super-8-Projektionen mit DJ-Livemusik von Platte

Mit bis zu fünf Filmprojektoren gleichzeitig wurden drei unterschiedlich große Leinwände bespielt. Inwieweit diese simultanen Projektionen in Ihrer Bildwirkung vorab geplant waren bzw. ob hier nicht vielmehr der Zufall seinen entscheidenden Anteil hatte, war für mich abschliessend nicht zu bewerten. Im besten Fall ergaben sich dabei -zusammen mit der Musik des DJ’s- Momente wie dieser . Erst weit nach Mitternacht endete die Veranstaltung.

Wie schon 2018 war das Analog Resistance Festival ein Veranstaltung von Super8-Enthusiasten für Super8-Enthusiasten und die teilnehmenden Filmemacher wurden für ihre zum Teil sehr weite Anreise (Kanada!) mit herzlicher Gastfreundschaft und angenehm lockerer Festival-Atmosphäre belohnt.

Mein Dank gilt dem Initiator des Festivals, Fred „Grandmarquis“ Giradet und allen seinen Helfern und Unterstützern !

Klaus Schreier

hört Platten, fotografiert Kleinbild, filmt Schmal und dilettiert in der Dunkelkammer und am Schneidetisch

3 Kommentare

Michael Veröffentlicht am10:50 - 17. April 2024

Danke für den Bericht. Falls es Neuigkeiten über den aktuellen Status von Bolex gibt was über deren Nichtantworten hinaus geht sollte man das aber zumindest in einem Satz erklären statt nur zu behaupten.

    Klaus Schreier Veröffentlicht am12:47 - 17. April 2024

    Bolex war ja nur der Aufhänger für diesen Bericht, daher habe ich das nicht näher erläutert. Ich habe meine Informationen vom Festivalveranstalter und demnach wurde die Firma bzw. das Namensrecht an der Firma verkauft und die Räume und Lagerbestände im Bolex-Haus vom neuen Besitzer geräumt. Somit ist die Firma faktisch ja nicht mehr existent.

      Michael Veröffentlicht am13:00 - 17. April 2024

      Danke für die Präzisierung. Es ist bedauerlich, dass es nie eine offizielle Erklärung von Bolex International SA zur Auflösung der Firma gab.

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