Der beste SW-Film der Welt: Adox CHS-II

Der beste SW-Film der Welt: Adox CHS-II

Am Wochenende wurden endlich mal ein paar Kassetten des neuen Adox CHS-II getestet. Praktischerweise waren neben fünf Packungen dieses Neuzuwachses auch ein paar Exemplare der Vorgängerversion “Adox Pan-X Reverso” im Einsatz, der ausser Packung und Empfindlichkeit nicht viele Gemeinsamkeiten hat.

Das Kurzurteil vorweg: Der neue Adox CHS-II hat im Direktvergleich haushoch gewonnen. Ich benutze seit über 20 Jahren regelmäßig SW-Filme, ich muss zugeben, dass mich noch nie ein SW-Film so begeistert hat wie das, was der Projektor da gestern Abend nach der Enwicklung an die Wand warf.

Auch blitzendes Chrom in praller Sonne führt nicht zu Überstrahlungen. Dabei ist jedes Haar einzeln erkennbar, ebenso die Belederung der kleinen Bolex im Schatten. Dem CHS-II entgeht nichts.
Auch blitzendes Chrom in praller Sonne führt nicht zu Überstrahlungen. Dabei ist jedes Haar einzeln erkennbar, ebenso die Belederung der kleinen Bolex im Schatten. Dem CHS-II entgeht nichts.

Zu erwähnen ist, dass der CHS-II eine wirklich neue Emulsion ist. Es handelt sich weder um Konkurs- noch Lagerware, das Material wurde erst vor kurzem mit neuer Rezeptur auf Polyesterträger gegossen – es ist also taufrisch und im optionsreichen Markt der SW-Filme in mehrfacher Hinsicht ein ziemliches Novum. Der geschmeidige Polyesterträger sichert perfekten Lauf und Bildstand in allen Kameras. Die nochmals modifizierte GK-Kassette (jetzt mit schwarzem Andruckstück in Kodak-Form, aber mit besserer Feder) lief problemlos und leise durch – und ist so stabil konstruiert und aus so zäh-schlagfestem Kunststoff, dass alle acht gestern geöffneten Kassetten sich nach Art einer Kaccema problemlos wiederbefüllen lassen sollten (so man das denn will). Die Kassettenteile sind fest zusammengesteckt, beim Öffnen bricht nichts, hier bekommt man also quasi gratis eine wiederbeladbare Kassette hinzu.

Das Wetter war mild und lau, im Erlanger Schlossgarten wechselten sich leichte Bewölkung und knallige Sonne regelmäßig ab. Ideal also, um verschiedene Lichtsituationen einzufangen. Gedreht wurde mit verschiedenen Nizos, einer Nikon R10 und einer Canon 814. Entwickelt wurde anschliessend mit Peacemanol (Dokumol 1+7 ohne Zusätze, 8 Minuten). Die Ergebnisse sind ausnahmslos perfekt und lassen keinerlei Beanstandung zu.

Neue Besen kehren gut

Durchgezeichnet bis ins letzte Detail: Hier verschluckt sich mein Scanner an den Schatten. In der Projektion ist der Hintergrund detailreich und fein abgestuft
Durchgezeichnet bis ins letzte Detail: Hier verschluckt sich mein Scanner an den Schatten. In der Projektion ist der Hintergrund detailreich und fein abgestuft

Was am meisten auffällt, ist der geradezu absurd hohe Dynamikumfang dieser Emulsion, der alle anderen mir bekannten Filme und Digitalkameras buchstäblich in den Schatten stellt. Im Vergleich zum Vorgänger-Material schätze ich locker 2-3 Blenden mehr erfassbaren Kontrastumfang, das Schwarz ist tiefst schwarz und der Träger glasklar und ohne sichtbare Dichte. Um diese endlose Palette an Graunuancen auszufüllen, braucht es aber nicht mal besonders hartes Licht! Sowohl die schattigen Szenen mit wenig Lichtkontrast als auch direkte Gegenlichtaufnahmen in praller Sonne sind vollständig durchgezeichnet. An Spitzlichtern ist nicht mal ein Anflug an Überstrahlung zu sehen und selbst dunkelste Schattenpartien haben Zeichnung. Hier säuft nichts ab, hier geht kein Bilddetail verloren.

Auch bei Makroaufnahmen zeigt sich die sehr hohe Schärfe des Materials
Auch bei Makroaufnahmen zeigt sich die sehr hohe Schärfe des Materials

Gesteigert wird dieses knackige Ergebnis noch von einer enormen Schärfeleistung. Der Film löst so hoch auf, dass Unterschiede in der Objektivleistung sichtbar werden. Man könnte wohl auch erfahrenen Schmalfilmern erzählen, sie sähen gerade eine 16mm Projektion, so hoch ist die Detailauflösung. Im einer heute morgen folgenden Vergleichsprojektion auf 3,5 Meter Bilddiagonale fiel auf, dass die Schärfeleistung eines Ekatchrome 100D oder eines Velvia 50 deutlich sichtbar übertroffen wird.

Das Korn ist selbst in Peacemanol so fein, dass der schwarze Kräusellack noch erkennbar ist. Schön zu sehen ist hier auch die hohe Kantenschärfe.
Das Korn ist selbst in Peacemanol so fein, dass der schwarze Kräusellack noch erkennbar ist. Schön zu sehen ist hier auch die hohe Kantenschärfe.

Drittes bildgebendes Kriterium ist das Filmkorn. Peacemanol ist keinesfalls ein besonders feinkörniger Entwickler, er akzentuiert deutlich. Trotzdem ist das Korn im Ergebnis feiner und homogener als das der Vorgängeremulsion, dem Adox Pan-X Reverso. Auch große, homogene Flächen bleiben trotz noch sichtbarem Korn ruhig, hier krisselt nichts und lenkt nicht ab, hier entsteht lediglich eine wunderbare Art von Bildhaptik.

Fazit

Der CHS-II ist mein definitiver neuer Lieblingsfilm. Er liefert Schwarzweißbilder mit einer Ästhetik, die sofort an Cartier-Bresson oder Robert Doisneau erinnern. Hier ist von knackigsten Bässen über duftige Mitten bis zu feinsten Lichtern einfach alles zu sehen. Hier entsteht auch bei bewölktem Wetter kein grauer Matsch, die Gradation ist perfekt, die Bilder gehen direkt ins Herz und ins Hirn. Der CHS-II beherrscht die Reduktion des Motivs auf das wesentliche so gut, dass mir Farbe wirklich kaum fehlt.

Ich kann nur jedem Filmfreund dazu raten, sich ein paar Kassetten dieses Zauberfilmes zuzulegen und – den Sommer einfangend – auszuprobieren. Wer nicht selbstentwickelt, möge bitte von seinem Bildeindruck nach der D94A-Standardentwicklung (Andec etc.) berichten!

Anmerkung

Adox hat vor kurzem die Preise für das neue Material um etwa 20% erhöht; dies war die erste Preiserhöhung seit zwei Jahren. Gemessen am erreichten Leistungssprung und dem irrwitzigen Unterfangen, neuen Film zu gießen, ist diese Preiserhöhung absolut moderat und völlig gerechtfertigt, zumal der Adox immer noch der günstigste aller SW-Filme am Markt bleibt. Hier ist Mirko Boeddecker und seinem Team wirklich ein Meisterwerk gelungen, das wir Filmer honorieren sollten. Es lohnt sich.

(Alle Einzelbilder wurden digital abfotografiert und ausser der Beschnitt und Skalierung nicht weiter bearbeitet. Meiner EOS 5Dmkii ist es nicht gelungen, die komplette Dynamik der Einzelbilder zu erfassen, ich habe mich daher für leichtes Clipping in den Schatten entschieden. Der Bildeindruck der Projektion ist erheblich besser.)

Friedemann Wachsmuth

Schmalfilmer, Dunkelkammerad, Selbermacher, Zerleger, Reparierer und guter Freund des Assistenten Zufalls. Nimmt sich immer viel zu viele Projekte vor.

Leave a Reply