Ich bin Analogfilmer. Daher möchte ich meine Filme auch projizieren. Natürlich scanne ich sie auch und veröffentliche sie dann dort, wo alle anderen das heutzutage auch tun, aber das Endprodukt meiner Arbeit soll kein Digitalfilm sein.
Ich liebe Farbfilm. Wenn ich einen projizierbaren Farbfilm erhalten möchte, bleibt mir neben allem möglichem und unmöglichem Abgelaufenem „aus der Bucht“ nur Ektachrome, und mit dem Ektachrome bin ich nie richtig warm geworden. Die angegebenen 100 ASA führten zumindest bei mir eher zu Unterbelichtung und die meisten Super 8-Kameras belichtet ihn wie 160 ASA. Alles nicht zufriedenstellend.
Allerdings gibt es eine große Zahl an wunderbar frischen Farbfilmen mit 50, 200 oder 500 ASA – für Tageslicht oder Kunstlicht. Aber das sind eben Negativfilme, mit dieser scheußlichen, orangenen Maske. Nun gut, diese Filme sind ja auch nicht für die alternde Herrenriege der Heimprojizierer gemacht worden, sondern für den professionellen Workflow: Filmen, Entwickeln, Scannen, digitale Postproduktion. Das Ergebnis ist dann ein Digitalfilm in Schmalfilmoptik. Das will ich nicht.
Lange bevor man von einem professionellen Workflow gesprochen hat, wurde selbstverständlich auch auf Negativ gefilmt. Das hat ja auch ziemlich viele Vorteile. Wie ging das nochmal? Ach ja: Filmen, Entwickeln, analoge Nachbearbeitung, Erstellen von Positivkopien. Der Film konnte ja schließlich nicht einfach auf dem Taschenbildschirmchen betrachtet werden, sondern musste auf die Leinwand.
Natürlich kann man das in sehr guter Qualität auch heute noch machen lassen, Andec sei Dank. Da ich als Experimentalfilmer und Filmbastler aber meinen Film von der ersten bis zu letzten Minute durch meine eigenen, liebenden Hände laufen lassen möchte (und ein begrenztes Budget habe), ist es mein Ziel, auch zu Hause Positivkopien von Negativmaterial zu erstellen.
In schwarzweiß habe ich das schon öfter gemacht. Die Ekran 8, eine niedliche, sowjetische Normal 8-Taschenkamera, hat (als einzige Kamera überhaupt?) eine eingebaute Kontaktkopierfunktion. Das ist aber ein anderes Thema und für Normal 8 gibt es leider sowieso keinen Kopierfilm in Farbe. Die Ekran hilft mir also nicht weiter.
Für eine Kontaktkopie müssen Negativ und Kopierfilm Schicht auf Schicht liegen, das Licht muss durch das Negativ auf den Kopierfilm treffen und das Bild für Bild, ohne zu verrutschen. Ein herkömmlicher Projektor müsste das ja auch schaffen, dachte ich mir. Da ja nur eine gleichbleibende Menge Licht auf alle später sichtbaren Teile des Films treffen muss, kann auch von vorne durch das Objektiv belichtet werden. Die Phase des Filmtransports kann also lichtechnisch vernachlässigt werden, solange der Film immer sauber und ohne zu verrutschen weitertransportiert wird.
Level 1: Super 8
Um das auszuprobieren, nahm ich meinen alten Elmo SP-F (der ist sicher nicht der beste Projektor, der je gebaut wurde, hat aber immerhin einen Zahnkranz am Filmeinzug), und setzte eine dimmbare LED vor das Objektiv. Ach ja, ich habe zuvor natürlich die komplette Beleuchtung des Projektors abgeklemmt, denn das Kopieren muss ja in kompletter Dunkelheit stattfinden. Da darf der Projektor keinesfalls leuchten wie ein Weihnachsbaum.
Nach dem ersten Probedurchgang in Schwarzweiß habe ich dicke, dunkle Streifen auf jedem Einzelbild entdeckt. Nach längerem Grübeln leuchtete es mir ein: Nur das in RIchtung Projektorlampe gewandte Filmfester hat die exakte Größe eines Einzelbildes, das Bildenster in der Andruckplatte des Filmkanals ist etwas größer. Ich habe das Fenster dann mit schwarzem Klebeband verkleinert. Das ist aber Fingerspitzenarbeit, denn der kleinste Fehler gibt einen hellen (oder dunklen) Streifen. Zu 100% habe ich es immer noch nicht geschafft. Tipp: für jeden zu kopierenden Film muss der Bildstrich exakt eingestellt werden, dann sitzt der minimale Streifen genau zwischen den Einzelbildern.
Jetzt also zum Farbfilm. Schon letztes Jahr hatte ich mir ein paar Meter Kopierfilm vom Typ Kodak Eastman 3383 zugelegt. Die Farbentwicklersubstanz CD-2 zum Selbstansatz von ECP-Entwickler besitze ich ebenfalls, darüber hinaus besteht ECP2-Entwicklerlösung nicht aus sonderlich abenteuerlichen Komponenten. Ich habe mir davon gleich ein paar Tütchen auf Vorrat gemixt. Der angesetzte Entwickler verdirbt schnell, und kleine PE-Beutel hat man ja heutzutage mehr als ausreichend im Haus.
Das Ergebnis meiner ersten Farbkopie: Ein Desaster in gelb. Darüber hinaus ist auch der breite doppelt belichtete Streifen im unteren Teil des Bilds gut erkennbar:
Natürlich sagt jetzt jeder erfahrene Fotofreund, ohne das Ergebnis länger zu betrachten: Farbabzüge benötigen einen Farbmischkopf, um farbrichtig zu erscheinen! Ich musste mich daher wohl oder übel nach einem Farbmischkopf umsehen. Eigentlich wollte ich mein Projekt nur mit den mir verfügbaren Hausmitteln umsetzen, und bis jetzt hatte ich tatsächlich noch nicht einen Cent ausgegeben. Bei Ebay fand sich aber bald ein Omega C760-Mischkopf, der mir für extrem wenig Geld angeboten wurde, da das gesamte sonstige notwendige Zubehör zur Anfertigung von Farbvergößerungen fehlte. Das benötigte ich aber ja sowieso nicht. Nachdem ich noch einige weitere, für meine Zwecke unnützen Teile abgeschraubt hatte, leuchtet er nun schön in mein Objektiv. Die Lichtmenge lässt sich übrigens gut über die Geschwindigkeitssteuerung des Projektors regeln: Je langsamer der Projektor läuft, desto mehr Licht kommt auf das Bild.
Viele, viele Experimente (und einigen Ärger mit der Entwicklerlösung) später war ich dann bei recht ordentlichen Ergebnissen angelangt. Bei Filterung 70-25-0 (YMC) gab es ein farbechtes Positiv (das natürlich noch optimiert werden kann). Noch besser wird es werden, wenn ich frischen Kopierfilm habe. Der 3383 vom letzten Jahr hat leider einen Grünstich bekommen. Man kann im Ergebnis auch erkennen, dass das arme Vision3 50D-Originalnegativ durch mein vieles Experimentieren schon ziemlich gelitten hat.
Level 2: 16 mm
Was sich auf Super 8 gut anließ, wurde dann auf 16 mm noch besser. Mein Aufbau für dieses Filmformat besteht aus einem Siemens 2000 Projektor mit einem Bauer Zoom-Projektionsobjektiv. Schwarze Filmtüten sind übrigens perfekt geeignet, um eine lichtdichte Verbindung zum belichtenden Farbmischkopf herzustellen.
Nach meinen Erfahrungen mit dem Elmo SP-F, der den Film nicht so ganz stabil einzieht, nur im Rückwärtslauf präzise kopiert und gerne mal den einen oder anderen Laufstreifen in den Film stanzt, ist die Arbeit mit dem Siemens-Projektor ein Vergnügen. Die einfache, zugängliche Technik ohne Einfädelungsautomatik und weitem Schnickschnack erlaubt es, präzise Kopien in einem Durchlauf zu fertigen. Es gibt weniger Durchläufe, weniger Kratzer und weniger Angst vor Totalausfällen: Ein wunderbares Gerät! Zumindest mein Siemens der ersten Generation (ohne Asbest, fast ohne Plastikteile und noch mit den lustigen Ölfilzen) schein in erster Linie für diesen Zweck gebaut worden zu sein. Die Ergebnisse sehen viel gleichmäßiger aus, als die Positivkopien aus meinem Super 8-Aufbau.
Screenshot aus meinem Film „The Eye“ – Kodak Vision3 50D (D8), Positivkopie auf 16mm
Abschließend muss aber gewarnt werden, dass bei Hausgemachtem die Ergebnisse auch hausgemacht aussehen. Ohne Laufstreifen und kleinere Farbschwankungen geht es nicht. Der Negativfilm sollte in der Kamera ebenso präzise belichtet werden wie ein Umkehrfilm, denn Belichtungsschwankungen können bei diesem System in der Kopie nicht ausgeglichen werden. Trotzdem bin jetzt mehr als zufrieden, weil ich die ganze Palette an Kodak Vision3-Filmen nutzen kann, zum kleinen Preis vorführbare Ergebnisse auf stabilem Polyesterfilim erhalte, und das nicht zuletzt in einem einmaligen Look.
Alles nochmal in Kürze zum selber nachmachen
- Man benötigt einen Projektor, der nach Möglichkeit zwei Zahnkränze hat, über eine regelbare Geschwindigkeit verfügt und keinerlei Beleuchtung besitzen darf
- Die Belichtung findet durch das Objektiv mit Hilfe eines Farbmischkopfes statt
- Beide Filme liegen Schicht auf Schicht: Der Kopierfilm mit der Trägerseite in Richtung der (ausgebauten) Projektorlampe, das Negativ mit der Trägerseite zum Objektiv
- Achtung: Dafür müssen beide Filme „verkehrt herum“ in den Projektor eingespult werden
- Mein Tipp: Bei Super 8 läuft läuft der Kopiervorgang im Rückwärtsgang am stabilsten. Zunächst werden beide Filme ohne Belichtung komplett durchlaufen gelassen, anschließend findet der Kopiervorgang mit Belichtung im Rückwärtsgang des Projektors statt. Das ist aber nur ein persönlicher Erfahrungswert, den ich nicht logisch erklären kann
- Ein guter Startwert zur Filterung ist YMC 70-30-0. Das hängt aber von vielen Faktoren ab (v.a. der Lampe im Mischkopf) und muss selbst herausgefunden werden
- Entwickelt wird im ECP-Verfahren. Der Farbentwickler (Kodak SD-50) ist mit wenigen Zutaten selbst gemischt, das Rezept ist im KODAK Modul 9 veröffentlicht
- Die Filmentwicklung selbst ist wenig zeitaufwändig: 3 min CD (37°C), ca. 1 min Stoppbad, 1 min im herkömmlichen Bleichfixierer
Danke!
Ohne die Hilfe und die Ratschläge von Friedemann Wachsmuth und Ludwig Draser von Andec Film wäre dieses Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Beiden gilt mein besonderer Dank. Und natürlich dem unbekannten Jüngling auf dem E-Roller, der meiner Tochter, die meinen Testfilm in Paris gedreht hat, so unverschämt ins Bild gefahren ist. Das rote Tor, der türkise Roller, die Farbe des Gesichts und der zartblaue Himmel (der leider im Grünstich des überlagerten Films untergeht) ergeben ein ordentliches Testbild.
Immer wieder beliebt:
Outtakes (die auch illustrieren, dass das Endergebnis nicht ganz so leicht zu erreichen war, wie es klingen mag)
Related Posts