Super8-Wettbewerb 2022 Filmfest Weiterstadt

Super8-Wettbewerb 2022 Filmfest Weiterstadt

Acht Super8-Filme stellten sich vergangenen Samstagabend dem Publikum zur Abstimmung. Das besondere am Super8-Wettbewerb in Weiterstadt ist, das die Filme traditionell nach wie vor als „echte“ Filmprojektion zur Vorführung kommen. Dazu wird jedes Jahr ein lichtstarker Fumeo-Filmprojektor aktiviert, der aber trotz 500W Lichtleistung Mühe hat, die riesige Leinwand ausreichend hell auszuleuchten. Dies fällt insbesondere im Vergleich zu den Beamer-Projektionen vor und nach dem Super8-Wettbewerb deutlich auf.

Bei den diesjährigen Preisträgern handelt es sich um Filmemacher, die allesamt seit Jahren regelmässig am Super8-Wettbewerb in Weiterstadt teilnehmen und alle bereits einmal unter den Gewinnern waren:

3. Preis – Acht Dosen Westwärts

von Gunnar Grah, Andreas Kersten und Florian Rau

Den drei Filmemachern gelingt es auf sehr überzeugende Weise in gut 7 Minuten Laufzeit die Essenz eines klassischen Italowesterns darzustellen. Gleich zu Beginn lassen die im Stil der Zeit gestalteten Titel den Zuschauer in Filme dieser Epoche abtauchen. Die Kadrierung der einzelnen Einstellungen und die Schnittfolgen entprechen exakt der genre-typischen Filmgestaltung.

Film-Still in Breitwand und Beispiel für die Filmtitel / Quelle: Gunnar Grah, Facebook-Seite

Zur Umsetzung dieses „Looks“ wurde ein großer technischer Aufwand betrieben. Das Kamera-Bildfenster wurde modifiziert, so daß auch ohne Anamorphot ein exakt abgegrenztes Breitbild-Format projeziert werden kann. Wie ein echter Kinofilm seinerzeit wurde auf Negativmaterial gedreht (Kodak Vision 50D), welches traditionell physisch geschnitten und mit Trockenklebepresse monitiert wurde. Für die Projektion wurde das fertig geschnittene Negativ bei Andec Filmtechnik auf Positivmaterial kopiert und mit Magnetrandspur zur Vertonung versehen.

Großen Anteil an der stimmigen und authentischen Gesamtwirkung des Films hat die Musik und Tongestaltung von Fabian Koppri , der bereits mehrfach mit den Filmemachern zusammengearbeitet hat.

Informationen zu weiteren Super8-Filmen des Filmemacher-Trios gibt es hier.

2. Preis – Fifty-Fifty

von Michael Sommermeyer / Text von Roman Israel

Das semi-dokumentarische Road-Movie erzählt von einer obskuren Fahrt zweier Freunde nach Serbien.

Anhand der vorab entstandenen Super8-Aufnahmen hat der Schriftsteller Roman Israel den Filmtext geschrieben und diesen auch eingesprochen. Die Schwarzweißaufnahmen im typischen Super8-Look und der Text Roman Israels ergänzen sich auf sehr gelungene und vergnügliche Art und Weise. Bild und Ton ergeben zusammen ein Road-Movie, dessen eigenwilliger Humor weit über die im Film gezeigten Widrigkeiten während der Fahrt hinausweist.

Einen Trailer zum Film, weitere Infos und die Film-Stills gibt es hier

Film-Stills aus Fifty-Fifty / Quelle: https://filmfreeway.com/Fifty-fifty

Der Stil des als Ich-Erzählung angelegten Textes erinnert sehr an den des Found Footage-Films Der Clou des Uhus, dessen Text ebenfalls von Roman Israel stammt und den er 2014 beim Live-Vertonungswettbewerb der 15. Dresdner Schmalfilmtage live gelesen hat.

1. Preis – Aktenzeichen XY

von Manuel Francescon und Michael Sommermeyer

Die älteren Leser erinnern sich sicher noch an die gleichnamige Fernsehserie aus den 1970/80er-Jahren mit Eduard Zimmermann. Im Siegerfilm des diesjährigen Wettbewerbs wird eine typische TV-Episode auf Super8 nachgespielt, mit einem mit einfachen aber effektiven Mitteln nachgebildeten Studio, mit Studiogästen und mit eingespielten Fällen.

Ausstattung und Moderationstexte halten sich nah ans Original und können dadurch vom Faktor der unfreiwilligen Realsatire des Originals profitieren. Manuel Francescon spielt seine Rolle als Moderator sehr überzeugend; man merkt, das hier ein Profisprecher am Werk ist. Der Humor ähnelt dem der anderen gemeinsamen Super8-Filme von Francescon und Sommermeyer, bleibt aber leider manchmal zu sehr im Klamaukhaften stecken. Den Geschmack des Publikums aber hat dieser Humor an diesem heißen Sommerabend getroffen.

Auszug aus dem Festival-Programmheft

Die Filmemacher Grah-Karsten-Rau haben für diesen Film eine „Fall-Episode“ beigesteuert sowie als Schauspieler (Studiogäste!) mitgewirkt . Somit waren an diesem Abend also alle Preisträger „Erster“ !

Die weiteren Wettbewerbsfilme waren:

BBB – La Bete, La Belle et la Bete von Michel A. Chappuis

Im Nebel von k.Schreier

Die beiden Filme von Chappuis und Schreier erreichten mit gleicher Stimmanzahl zusammen den 4. Platz der Publikumsabstimmung.

Shiloh Ranch – der 624te (!!) Film von Stefan Möckel

8H13 – Experimentelles Portrait eines Künstlers während des Lockdowns von Fotokünstlerin Anna C. Wagner und Markus Mischkowski

Schneller, Sophie von Stephan Grosse-Grollmann

Klaus Schreier

hört Platten, fotografiert Kleinbild, filmt Schmal und dilettiert in der Dunkelkammer und am Schneidetisch

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