Das Ende der Leichenfledderei?

Die letzten Jahre waren geprägt von stetig steigenden Preisen für Schmalfilme aller Art, insbesondere für Farbumkehrfilme – wenn es sie denn gerade mal wieder gab. Das führte nicht nur bei einigen Schmalfilmern zum Hamstern, sondern auch zum Kauf von Materialien, die sie vor 10 Jahren noch nicht mal mit einer Kneifzange angefaßt hätten. Die übers Internet besorgten Materialien wurden dabei immer teurer, älter und krobkörniger. Selbst ich war schon am Überlegen, in Bulgarien Orwochrom UT 15 zu kaufen, der erst 1976 abgelaufen war und den ich mangels eigener Dunkelkammer wohl in Russland hätte entwickeln lassen müssen…

Nun scheint eine Rettung in Sicht zu sein. Denn am 5. Januar 2017 kündigte Kodak an, zum Jahresende wieder irgendeinen Ektachrome 🎞️ in der Super8-Kassette anzubieten (und quasi als Abfallprodukt auch als 135-36 Diafilm, vertrieben von Alaris). Laut Alaris wird es ein „E100“ sein, also vermutlich ein Film mit einer Empfindlichkeit von 100 ASA/21 DIN. Allerdings ist es fraglich, ob es wirklich der „gute alte“ E100D von einst sein wird. Denn Kodak schreibt: „…Kodak will be working to reformulate…EKTACHROME…“, also „… Kodak wird daran arbeiten, EKTACHROME nach einer neuen Rezeptur zusammenzusetzen…“. Was das bedeutet, ist unklar. Zum einen könnte es sein, dass sie einige der ursprünglichen Chemikalien aus Gründen des Preises, der Verfügbarkeit und/oder des Umweltschutzes durch andere ersetzen müssen. Zum anderen könnten sie auch den Film feinkörniger machen wollen – schließlich wollen sie ja auch eine Filmabtastung in 4K anbieten. Oder sie wollen dem Zeitgeist entsprechend dem Film einen stärkeren Retrolook verpassen (auffälligeres Korn, wärmere Farben, …). Ja, man kann hier viel ‚rumspinnen! 🕷️ 😉

Unklar ist hingegen der Stand bei FilmFerrania: Einerseits veröffentlichen sie immer noch neue Bilder davon, wie immer mehr Geräte wieder laufen und wie sie zu Testzwecken Schwarzweißmaterialien produzieren, andererseits gibt es von FilmFerrania selbst noch nicht mal einen Hauch eines Zeitplans. So wundere ich mich immer ein wenig über die Leute, die meinen, dass FilmFerrania definitiv noch dieses Jahr die ersten Farbumkehrfilme produzieren und liefern würde. … Zudem ist auch hier unklar, was das Ergebnis sein wird. Denn einerseits wird hier angeblich die Rezeptur des „Scotch Chrome 100“ benutzt, andererseits wird auch hier wieder „re-enginereed“, also der Film u.U. nicht oder nicht mehr ganz dem Original entsprechen.

Aber hoffen wir mal das Beste, und zwar, dass wir uns Ende 2017 zwischen zwei unterschiedlichen Farbumkehrfilmen entscheiden können, auch wenn beide für Tageslicht gedacht sind und eine Empfindlichkeit von 100 ASA/21 DIN haben werden.

Jörg Polzfuß

5 Kommentare

Dieter Gerling Veröffentlicht am16:34 - 11. Januar 2017

Grundsätzlich sind das schöne Aussichten. Aber irgendein Haken wird an der Sache dran sein. Vermutlich gibt es wieder ein im Kaufpreis enthaltenes Entwicklungs-Kuvert zum einsenden zwecks Entwicklung/Abtastung des Filmes. Das dürfte den kleinen Laboren den Todesstoß verpassen, obwohl sie es sind, die das Format bisher mit am Leben gehalten haben.
Man sollte nicht glauben, daß bei Kodak ein nerdiger Retro-Fan das Ruder in die Hand genommen hat. Die machen nur Dinge, die sich für sie lohnen.
Damit es sich lohnt, muss die ganze Sache durch eine „Wahnsinns-Kampagne“ angeschoben werden. Jeder Kunst-/Medien-Student/Hipster muss den „neuen“ Film, und natürlich die Kamera, haben wollen.
Mal sehen…

    Joachim Veröffentlicht am21:56 - 11. Januar 2017

    Ich filme seit 1974, meine letzte Filmdokumentation wurde 2012 fertig und besticht durch die angenehmen Farben, schönen Kontraste.
    Seither sind die Preise für Filmmaterial für den Laufbildfilm davongaloppiert. Film ist leider, sehr leider für den Amateur zu einem Nieschenprodukt verkommen. Nur für Experimentalfilmer oder den Ab- und Zufilmer wird sich jede Firma überlegen, ob sie denn überhaupt noch rund um Filmmaterial investiert.
    Kaum ein Student wird in Kauf einer Filmkassette und Entwicklung mehr investieren können, als er je in seinem Nebenjob bei MCDONALD’S in einem Tag verdient.
    Auch die Anzahl derjenigen, die auch nur ab und zu ein Filmchen drehen, nimmt weiter deutlich ab.
    Eine bedauerliche Entwicklung, die jedoch kaum noch aufzuhalten sein wird.

Dieter Gerling Veröffentlicht am01:19 - 12. Januar 2017

Ich filme seit 1988 auf Super 8 und Video und habe meine letzte Ektachrome100d-Kassette vor zwei Jahren verdreht. Ich hatte 20 Stück kurz vor der Abkündigung bei Andec gekauft. Da gingen die Preise ja noch fast in Ordnung. Den darauf folgenden Preissprung war ich nicht bereit mitzutragen. Das umkonfektionierte Agfa-Material von Wittner hat mir (zu dem Preis) nicht richtig gefallen.
Bin sehr gespannt was im Herbst passiert.
MfG

Rene Häberlein Veröffentlicht am23:32 - 6. Februar 2017

Wegen der exorbitant hohen Filmpreise habe ich mich 2016 endgültig von der aktiven Filmerei verabschiedet und mache nur noch analoge Fotografie. Kodak wird mich jedenfalls nicht mehr als Filmer zurück gewinnen ,da die Kassettenkosten nicht sinken werden und die aktuellen Entwicklungskosten auch nicht.

Karsten Veröffentlicht am08:48 - 16. April 2017

Ich bin jetzt auf doppelganger N8 umgestiegen. Für 13,20 bekomme ich einen Fomapan. Wenn ich nochmal selbstentwickle e lande ich bei 20 euro .

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