Immer wieder stellt sich die Frage, ob externe Belichtungsmesser „genauer“ sind als die in die Kameras integrierten. Oder ob man externe Belichtungsmesser nutzen könne, um die integrierten zu überprüfen. Dabei gibt es leider einige Fallstricke.
Was, wo und wie misst die Filmkamera eigentlich?
Bei vielen Fotoapparaten kann man einstellen, wie viele Messpunkte genutzt und wie sie untereinander gewichtet werden sollen. Zudem gibt es noch verschiedene Modi (Blenden-, bzw. Verschlusszeitvorwahl usw.). Aber bei der Filmkamera, insbesondere einer Schmalfilmkamera, gibt es das meistens nicht – die Wahl der Filmgeschwindigkeit gibt die Verschlusszeit vor, und die Kamera passt dann die Blendenöffnung daran an. Das war es dann meistens auch schon.

Zudem schweigen sich die Bedienungsanleitungen der Filmkameras meistens über die Messmethode aus. Nutzen sie das gesamte Bild? Oder nur einen Bereich in der Mitte? Haben sie gar mehrere Sensoren? Auch Kameras, die nicht durchs Objektiv messen, stellen den Filmenden oft vor ein Rätsel, da sie scheinbar immer dieselbe „Bildfläche“ messen, auch wenn die Kamera eine Zoomlinse hat.

Die folgende, mit einem Handy erstellte Bildreihe zeigt, warum es nicht ganz unwichtig ist, wo und was die Kamera misst. Denn innerhalb desselben Motivs können die Blenden von f/14 bis f/51 reichen.



Für einen Vergleich zwischen externen und internen Belichtungsmessern hat es sich bewährt, „mittenbetont“ zu messen. Die meisten Schmalfilmkameras sollten bei 100 ISO und einer Belichtungsdauer von 1/40 Sekunde also ungefähr den Wert aus dem letzten Bild nutzen, also eine Blendenöffnung, die dicht bei f/32 liegt.
Tatsächliche Filmempfindlichkeit – und was die Kamera daraus macht
Nehmen wir z.B. den Film Kodak Vision3 200T und den Super8-Standard: Der Film hat bei Kunstlicht eigentlich eine Filmempfindlichkeit von ISO 200/24°. Der Super8-Standard sieht diesen Wert aber gar nicht vor. Die Kassette ist daher so gekerbt, dass die meisten Kameras den Inhalt als „Kunstlichtfilm mit ISO 160/23°“ erkennen. Und schon haben wir die erste mögliche Abweichung, bzw. Fehlerquelle. Auch Single8-Filmer sind hier nicht fein raus, da der Standard zwar „alle ganzzahligen DIN-Werte“ von ISO 16/13° bis ISO 400/27° vorsieht, aber die meisten Kameras nur ISO 25/15°, 50/18°, 100/21° und 200/24° erkennen können. Ist man deshalb mit einer Kamera besser bedient, bei der man die Filmempfindlichkeit manuell einstellen kann? Die Antwort lautet leider „nein“, da es auch hier meistens Lücken bei den wählbaren Empfindlichkeiten gibt. Bei der oben bereits gezeigten Quarz DS8-3 kann man z.B. nur aus den DIN-Werten 12, 14, 15, 17, 18, 20, 21 oder 23 wählen. Der einzige Vorteil ist, dass man hier sehen kann, welchen Wert man eingestellt hat, während man bei den Super8/Single8-„Automatikkameras“ genau wissen muss, was der Filmhersteller gekerbt hat und welchen Wert die Kameras daraus macht.
Integrierte Filter
Ein Punkt, der bei der Nutzung externer Belichtungsmesser gerne vergessen wird, ist, dass die meisten Super8-Kameras und einige Single8-Kameras Filter integriert haben, die es erlauben, Kunstlichtfilme ohne Farbstich bei Tageslicht nutzen zu können. Diese Filter entsprechen meistens einem „Wratten 85“, der einen Lichtverlust von einer 2/3 Blende bewirkt. Leider werden diese Filter oft automatisch in den Strahlengang eingeschwenkt. Das bekommt zwar der Belichtungsmesser der Kamera mit, aber leider kein externer Belichtungsmesser. Hier hilft es nur, sich mit dem System und Kamera vertraut zu machen.
Lichtverlust durch Sucher
Auch der Spiegelreflexsucher der Kamera kann einen „Lichtverlust“ verursachen: Bei einigen wenigen Schmalfilmkameras hat man nur ein flackerndes Bild im Sucher. Grund dafür ist, dass die Kamera einen beweglichen Spiegel hat, meistens einen Schwingspiegel: Wird gerade der Film belichtet, ist der Spiegel aus dem Strahlengang weggeschwenkt. So fällt das komplette Licht auf den Film (oranger Pfeil), während der Weg des Lichts in den Sucher (grüner Pfeil) unterbrochen ist. Nur während der Film ein Bild weiter transportiert wird und deshalb gerade nicht belichtet werden darf, ist der Spiegel wieder an der unten eingezeichneten Stelle – der orange Pfeil ist unterbrochen, während das komplette Licht in den Sucher gespiegelt wird. Ist das der Fall, dann gibt es keinen Lichtverlust. Die meisten Spiegelreflex-Schmalfilmkameras kann man jedoch ständig ein Bild im Sucher sehen. Hier wird dann ein statischer, semi-transparenter Spiegel benutzt. Das Licht kann dadurch permanent den grünen und den orangen Weg nehmen. Nachteil des ganzen ist, dass so ständig Licht für den Sucher „abgezwackt“ wird und so nicht den Film erreicht. Wie hoch dieser Lichtverlust ist, sollte eigentlich im jeweiligen Handbuch stehen. Betonung liegt auf „sollte“. Denn gefunden habe ich eine solche Angabe bislang noch nirgendwo. So kann man anfänglich leider nur raten. Ausgehen würde ich von diesem Wert, den ich für die Sony α99-II von 2016 gefunden habe: Sie nutzt auch einen statischen, semi-transparenten Spiegel, was zu einem Lichtverlust von einer 1/2 Blende führen soll.

Hat die Kamera keinen Spiegelreflex-, sondern nur einen Newtonsucher, dann muss man sich wenigstens keine Sorgen um einen Lichtverlust durch den Sucher machen.
Sektorenblende und Co.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass „Belichtungsdauer = 1/Filmgeschwindigkeit“ gilt, also z.B. 1/18 s bei 18 Bildern pro Sekunde. Leider ist diese Überlegung falsch, da der Film ja auch weitertransportiert werden muss und während dieser Zeit nicht belichtet werden darf. Dafür haben die meisten Kameras eine „Sektorenblende“, die den Lichteinfall auf den Film unterbricht. Die „Sektorenblende“ wird manchmal auch „Flügelblende“ oder „Umlaufverschluss“ genannt. Die meisten Schmalfilmkameras haben einen Verschluss mit feststehendem Öffnungsbereich, der auch „Öffnungswinkel“ genannt wird. Einige Kameras haben aber auch einen „Varioverschluss“, der mehrere Öffnungswinkel zulässt und sich z.T. für manuelle Auf-/Abblendungen komplett schließen lässt. Hat man kein Handbuch, kann man erst mal von einem Öffnungswinkel von 180° ausgehen. Allerdings haben die wenigsten Schmalfilmkameras exakt diesen Öffnungsbereich. Der Varioverschluss der Bolex H-16 REX lässt sich z.B. von 0° auf nur maximal 145° öffnen, während z.B. die Fujica AX100 einen fixen Winkel von 230° haben soll. Hat man jedoch den genauen Öffnungswinkel, kann man aus ihm auch die Belichtungsdauer berechnen: Belichtungsdauer = (1/Filmgeschwindigkeit) * (Öffnungswinkel/360°).
Aber um die Sache noch komplizierter zu machen: Nicht alle Filmkameras haben einen „Umlaufverschluss“. Die Pentaka 8B hat z.B. einen „Schiebeverschluss“, während andere Modelle einen „Schwingverschluss“ haben. Das ändert zwar nichts an der „lichtdichten Abdeckung des Films während des Transports“, führt aber dazu, dass man hier nicht die Belichtungsdauer aus dem Öffnungswinkel berechnen kann. Hier kann man ohne Werte aus einem Handbuch nur raten und Belichtungsdauer = 1/(2*Filmgeschwindigkeit) annehmen, also z.B. 1/32 s bei 16 Bildern pro Sekunde.
Herstellerangaben
Merkwürdig sind auch einige Herstellerangaben zur Belichtungsdauer der Kameras. Nehmen wir z.B. die Werte der Quarz DS8-M, die eine Sektorenblende mit einem fixen Öffnungswinkel hat:
Filmgeschwindigkeit in B/s | Belichtungsdauer in s | Berechneter Öffnungswinkel |
12 | 1/23 | 187,8° |
18 | 1/34 | 190,6° |
24 | 1/46 | 187,8° |
48 | 1/92 | 187,8° |
Auch im Handbuch der Nizo 4056 gibt es solche „Ausrutscher“:
Filmgeschwindigkeit in B/s | Belichtungsdauer in s | Berechneter Öffnungswinkel |
9 | 1/16 | 202,5° |
18 | 1/32 | 202,5° |
24 | 1/43 | 200,9° |
54 | 1/96 | 202,5° |
Bei einigen Handbüchern, z.B. bei der Nizo 4056, scheint zudem der Lichtverlust durch den Sucher (s. o.) bereits mit in die Angaben der Belichtungsdauer eingeflossen zu sein. Denn anders ist die Differenz zwischen dem Rechenergebnis (Öffnungswinkel = Filmgeschwindigkeit x Dauer x 360°) und dem im Handbuch angegebenem Öffnungswinkel kaum erklärbar.
Belichtungsmesser
Einige Handbelichtungsmesser haben einen „Cine Modus“. Hier muss man aufpassen, da viele Amateurgeräte aus den 1950ern/1960ern hier von einer fixen Belichtungsdauer von 1/32 s ausgehen, also von einer Filmgeschwindigkeit von 16 B/s, bei der jedes Filmbild die halbe Zeit abgedunkelt weiter transportiert wird. Bei Geräten, die sich eher an Profis gerichtet haben, gibt es z.T. auch einen „Cine Modus“, bei dem allerdings eher von einer festen Filmgeschwindigkeit von 24 B/s auszugehen ist. Ein Blick ins Handbuch des Belichtungsmessers ist daher immer empfehlenswert.
Schlusswort
Ein Vergleich der Werte eines separaten und eines integrierten Belichtungsmessers ist also nicht so ganz einfach. Denn wenn der Hersteller nicht verrät, wie, wo und was die Kamera misst und die Kamera zudem die Filmempfindlichkeit falsch erkennt, „einfach mal eben so“ einen Filter benutzt und dann auch noch nicht einmal das komplette Licht zum Film durchlässt, muss man ganz schön aufpassen, auch alle Faktoren am externen Belichtungsmesser zu berücksichtigen.
Aber auch der komplette Verzicht auf den Kamera-internen Belichtungsmesser will gut überlegt sein und kann eigentlich nur auf Anhieb gelingen, wenn alle benötigten Werte auch im – hoffentlich noch vorhandenen – Handbuch zu finden sind.

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