Suchánek – der Mann, der eigentlich Meopta war

Suchánek – der Mann, der eigentlich Meopta war

Den klangvollen Herstellernamen Meopta kennt man nicht nur im Heimatland der einstmaligen Tschechoslowakei. Dieser Produzent von Fotoapparaten, Laborgeräten, Ferngläsern, Dia- und Kinoprojektoren sowie Filmkameras ist im gesamten früheren Ostblock äußerst beliebt gewesen. Aber daß der Ursprung der Filmgeräte aus der südmährischen Stadt Brünn (Brno) eigentlich die kleine Werkstatt von Jindrich Suchánek ist, die im Februar 1948 verstaatlicht und dem Kombinat Meopta einverleibt wird, das weiß heute kaum einer mehr.

Nach einer 16mm-Kamera bringt Suchanek am 20. Juli 1932 die „Admira 8“, ausgestattet mit einem „Steinheil Cassar 1:2,8/25mm“ in Fixfocus-Fassung. Immerhin acht bis 64 Bilder pro Sekunde schnell ist die Kamera, die den etwas später aufkommenden Bell & Howells verdächtig gleicht. Neben dem Metallgehäuse mit schwarzem Schrumpflack versehen gibt es auch ein Modell mit braunem Glattleder-Überzug. Kurz darauf erscheint auch eine 9,5mm-Version der Kamera.

Völlig anders sieht die OP 8 von 1939 aus: nicht mehr oval, sondern kastig. Sie arbeitet mit Doppel-8-Film und hat eine einzige Filmfrequenz, 16 Bilder pro Sekunde. Auf einem drehbaren Schlitten sitzen zwei Objektive. Alle diese alten tschechischen Federwerkkameras haben schlichte Durchsichtssucher.

Das gilt auch für die „Meopta Somet 8“, die 1956 mit zwei aufregenden Details erscheint. Erstens: statt einer normalen Aufzugskurbel fürs Federwerk arbeitet sie mit einem Zugband, das aus dem Kamerakörper gezogen wird. Die deutsche „Dralowid Reporter“ und diese Meopta sind damit die weltweit einzigen Kameras, die mit einem Zugband arbeiten. Zweitens: ihre Wechselkassette für 8mm Film sieht der späteren Super-8-Kassette von Kodak schon verdammt ähnlich. Die Somet 8 gibt es mit und ohne Meterzählwerk. Alle bis hierher vorgestellten Modelle sind heute schwer aufzutreiben.

Viel, viel leichter fällt das mit den Admira 8 und 16 Kameras, die in diversen Ausführungen von 1937 bis 1964 den östlichen Markt überschwemmen. Irrsinnig außerirdisch anmutende Prototypen fertigt Meoptas Konstrukteur Jan Hampl unter dem Namen Adastra I bis III 1961, kann sie aber nicht auf den Markt bringen. Nur einige Prototypen wurden gefertigt. Schade, denn diese mit Fixfocusoptik, 3-fach Revolver oder Zoom ausgestatteten Modelle wären heute echte Perlen.

1966 beginnt Meopta mit der nahezu unendlichen A 8 Reihe, die es zunächst für Doppel-8, später mit dem Zusatz Supra für Doppel-Super-8-Spulen gibt. Anfangs nur mit Federwerk, zuletzt auch elektrisch betrieben (die „Meopta A 8 L 1 Supra“ hat immerhin 1, 12, 18 und 24 Bilder pro Sekunde zu bieten), beenden sie Mitte der siebziger Jahre Meoptas Ausflug in die Amateurfilmerei.

Der Ursprung Meoptas geht auf das Jahr 1933 zurück, als ein Ingenieur namens Benes die Firma Optikotechna in Prerau (Prerov) gründet. Nach dem Krieg machen die Kommunisten daraus Meopta. Auch die Firmen Somet Teplitz-Trhovany in Srb, Eta und und Stys in Prag sowie A. Löschner in Modrany werden im Januar 1946 verstaatlicht und in Meopta verschmolzen. Seit 1991 ist die Meopta Holding eine Aktiengesellschaft, die sich – neben der Fotografie – in zahlreichen Tätigkeitsfeldern tummelt, um zu überleben.

Mehr über Meopta und alle Schmalfilmkameras der Welt: www.atollmedien.de

Jürgen Lossau

ist Autor zahlreicher Fachbücher über Filmkameras und Projektoren, von 2004 bis 2013 war er Chefredakteur des Magazins schmalfilm. Er war außerdem Gründungschefredakteur des Magazins für Filmemacher, zoom, und leitete vier Jahre lang das Fotomagazin camera. Lossau gründete 2016 das Projekt stadtflimmern, das mit Filminstallationen europaweit unterwegs ist. Mehr zu seinen Büchern unter www.atollmedien.de, über die Filminstallationen unter www.stadt-flimmern.de

4 Kommentare

Simon Wyss Veröffentlicht am11:43 - 2. Februar 2017

Das Aufzugband ist älter. Bogopolsky hatte ein Patent darauf in den 1920er Jahren.

Jürgen Lossau Veröffentlicht am11:45 - 2. Februar 2017

Und in welcher Kamera wurde es von ihm eingesetzt?

Simon Wyss Veröffentlicht am12:47 - 5. Februar 2017

Meines Wissens bei keiner. Sein Patent war ein Witz, denn das Aufziehen der Feder mit Band oder Draht ist bei Taschenuhren schon länger bekannt. Uhrmacher verabscheuen die Einrichtung, sie sagen, daß mit dem Zugdraht Schmutz ins Werk gelangt, was nicht ganz abgestritten werden kann. Man kann allerdings Aufzug und Uhrwerk räumlich trennen.

Jürgen Lossau Veröffentlicht am17:46 - 7. Februar 2017

Dann ist ja alles richtig, was ich geschrieben habe ;).

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