Nein, es war keine lieblos vom Laptop abgespielte DVD oder Blu-ray (möglichst noch mit mitprojiziertem Disc-Menü und mehreren Trial- und Error-Versuchen vor versammeltem Publikum, wie man das heute oft erlebt):
Es war vielmehr eine relativ neue 35mm-Filmkopie des Stummfilmklassikers „Varieté“ (1925, R: E.A. Dupont), gemietet vom DIF in Frankfurt, die am 20. Januar 2019 mit einem mobilen Veronese-Projektor in der Stuttgarter Markuskirche vorgeführt wurde. Adam Krukiewicz begleitete Duponts berühmtestes Werk wunderbar synchron auf der bombastisch klingenden Kirchenorgel. Mit rund 800 Besuchern war die Kirche brechend voll. Als die Organisatorin Julia Schöllhammer ihre kurze Filmeinführung mit den Worten beendete: „Wir zeigen diesen Film als echte 35mm-Filmkopie, weil wir der Meinung sind, dass das die einzige authentische Form ist, so einen Film zu präsentieren,“ toste Applaus auf. Und ich war sprachlos.
In der Rollenwechselpause gab es Essen und Getränke zu sehr zivilen Preisen. Die Highlights: Ein „Kinoteller“ mit leckerem Fingerfood sowie mindestens vier Biersorten zur Auswahl. Einen Augenblick lang überlegte ich, ob Kirche und Paradies doch etwas miteinander zu tun haben… „Für Interessierte erklärt der Filmvorführer, Herr Eckstein, jetzt den Filmprojektor,“ verkündete Frau Schöllhammer nach Ende des Films. Bald war der Vorführer von einer Menschentraube umringt.
Keine Diskriminierung beabsichtigt; aber ich habe tatsächlich noch nie erlebt, dass auch so viele Frauen Fragen zu perforiertem Film stellten. Wo man so einen Film heute noch herbekäme, wollten einige wissen, und wie wertvoll denn diese Filmkopie sei. Der „Apparat“ sei ja bestimmt aus den 50er Jahren, meinte ein älterer Herr. „Nein, er wurde 2012 von Veronese in Mailand gebaut“, erklärte der Vorführer – übrigens ein Mitarbeiter des Kinomobil Baden-Württemberg e.V., das seit 10 Jahren das „Orgelkino“ in der Markuskirche technisch betreut.
In der Regel spielt auch das „Kinomobil“ inzwischen digital, weil die neuen Spielfilme nicht mehr als 35mm-Kopie zu bekommen sind. Aber beim Stummfilmkonzert in der Markuskirche kommt alle Jahre wieder der Veronese-Projektor zum Einsatz.
(Text: Eberhard Nuffer. Fotos: Eberhard Nuffer, Ingrid Nuffer)
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